1998: Versöhnung mit der alten Heimat

Diese Reise im Herbst 1998 war nicht nur eine Reise in ein europäisches Land, das während des Kalten Krieges für Reisen nahezu verschlossen war, sondern sie führte die Reisegruppe in das kleine Dorf ”Alt-Patschkau”, gelegen in Süd- schlesien, nahe der Grenze zu Tschechien. Schlesien gehörte bis zum Ende des II. Weltkrieges zu Deutschland und wurde nach dem Krieg polnisch.
Alt-Patschkau war und ist an sich kein ”besonderes” Dorf, dass man unbedingt bei einer Reise besucht. Für die Ottensteiner KAB war es aber eine Verpflichtung. Warum?
Alt-Patschkau war nach dem Krieg eine Gemeinde mit 670 Bürgern. Das Dorf war Heimat für unseren Ottensteiner Pfarrer em. Bernhard Schubert zusammen mit seiner Schwester Paula Schubert, wo sie mit ihren Geschwistern eine unbeschwerte Kindheit und Jugend verbrachten. Der Krieg und die anschließende Vertreibung aus der angestammten Heimat brachten vielfaches Leid mit sich. So traf es auch die Gemeinde Alt-Patschkau: Familie Schubert wurde aus ihrem Haus vertrieben.
Während der Jahre verstärkte sich bei den beiden Schuberts ein Wunsch: Einmal die alte Heimat wiedersehen, das Elternhaus, die Straßen und Wege des Dorfes, und nicht zuletzt die Kirche St. Allerheiligen inmitten des Dorfes.
So viele Erinnerungen an die ”gute alte Zeit” waren noch im Gedächtnis der beiden Geschwister Schubert, über die sie viel mit Menschen unserer Gemeinde sprachen.
Pfarrer Schubert mit Schwester Paula vor St. Allerheiligen in Altpaschkau. "Es war ein glückliches Gefühl nicht nur für die Geschwister Schubert, sondern für uns alle," so die Teilnehmer der Studienreise.

Der Wunsch nach einem Wiedersehen der Heimat war auch dem KAB-Vorsitzenden Josef Osterhues bekannt.
Bernhard Schubert geriet als Soldat des II. Weltkrieges in französische Gefangenschaft. Zuvor hatte er sein Abitur in Patschkau gemacht und war zum Kriegsdienst gezogen worden.
Noch während der Gefangenschaft konnte er bei dem Theologen Franz Stock - selbst in Gefangen-schaft und Betreuer von deutschen Kriegs- gefangenen - das Theologiestudium aufnehmen, das Schubert nach Entlassung aus der Gefangenschaft in Münster fortsetzte. Er wurde 1953 von Bischof Keller zum Priester geweiht.
Was für jeden Neupriester selbstverständlich ist, nämlich in der Kirche seine Primiz zu feiern, wo er getauft wurde, zur 1. hl. Kommunion gegangen ist und seine Jugend verbracht hat, blieb Bernhard Schubert in seinem Leben verwehrt.
Umso stärker waren die Geschwister Bernhard und Paula Schubert vom Wunsch beseelt, anlässlich der Polenreise der KAB im Jahre 1998 und über 54 Jahre nach der Priesterweihe in der katholischen Kirche St. Allerheiligen in Alt-Patschkau mit dem dortigen Pfarrer, der Gemeinde und über 50 Ottensteiner Menschen eine hl. Messe zu feiern.
Pfarrer em. Bernhard Schubert mit seiner Schwester Paula vor dem Elternhaus, wo sie eine unbeschwerte Kindheit verbrachten.
Pfarrer em.Bernhard Schubert dankte Gott für den priesterlichen Werdegang aber auch dafür, dass sich Menschen aus Ost und West wieder gemeinsam für Ausgleich, Verständigung, Versöhnung und damit für ein friedliches Europa einsetzen. 
Die Ottensteiner KAB hat mit der Reise nach Polen im Jahre 1998 sich diesem europäischen Gedanken verpflichtet gefühlt, gleichzeitig ihrem langjährigen Präses Schubert und seiner Schwester Paula Schubert ein Wiedersehen der alten Heimat ermöglicht, zusammen mit Menschen aus der ”neuen Heimat”.
Die Planungen für diese Reise waren schon in 1996 angelaufen. Aber es gab auch Fragen und Sorgen bei den Geschwistern Schubert vor der Zeit der Reise, wie denn wohl ”dort in Alt-Patschkau” alles sein würde und wie die Menschen im heutigen Alt-Patschkau das aufnehmen würden, wenn frühere Bewohner des Ortes zu Besuch kommen.
Alte Postkarte: Inneres der Kath. Pfarrkirche Altpatschkau, Krs. Neisse
Im Sommer 1998 fuhren Pfarrer Schubert, Pfarrer Anton Buckebrede und Hubert Liesenklas (+) sowie Norbert Levers nach Breslau, von wo aus „Pfarrer Schubert dem Fahrer exakt sagen konnte, wie man nach Alt-Patschkau fährt”, so Schubert in der Nachbetrachtung. Wenngleich auch offenbar die Welt dort mit dem Verlassen der Heimat stehen geblieben war und die fruchtbare Ackerfläche von Vater Schubert, mit Schutt belastet, unbrauchbar war, so stand für Bernhard Schubert fest: „Meine Schwester und ich besuchen mit der Ottensteiner KAB meine alte Heimat.“
Ein herzliches Willkommen war ihm vom dortigen Pfarrer der Gemeinde, Pfarrer Antoniak, versprochen worden, der zuvor Pfarrer Schubert auch die alten Kirchenbücher der Kirchengemeinde hatte einsehen lassen. „Da sind mir all die Menschen des Ortes wieder begegnet, die in jungen Jahren mich und meine Familie begleitet haben,“ so Pfarrer Schubert später in Erinnerungen. Auch dankt er Pfarrer Hubert Hettwer, ebenfalls gebürtiger Oberschlesier, jetzt Pfarrer von St. Josef Graes, für seine ermutigende Unterstützung zum Besuch der schlesischen Heimat sowie für seine ausgezeichneten Dolmetschertätigkeiten.
Bericht der RN vom 20.10.98